Transdisziplinarität
Das "Trans-Syndrom" - so lautet der Titel eines Fachartikels, den der österreichische Geograf Peter Weichhart 2017 veröffentlicht hat. Er geht darin der Frage nach, warum seit einigen Jahren immer mehr Begriffen die Vorsilbe "trans" vorangestellt wird, etwa wie bei Transkulturalität, Transnationalität, Translokalität – oder Transdisziplinarität. Dabei kommt er zum Schluss, dass die Konstruktion von "Trans-Begriffen" den Versuch darstellt, die zunehmend komplexe, unübersichtliche und ambivalente Welt besser fassen zu können. Dahinter erkennt er "Brüche und Verwerfungen", welche sich einerseits auf gesellschaftliche Verhältnisse und Prozesse beziehen, und andererseits auf die Art und Weise, wie wir aus wissenschaftlicher Sicht auf diese blicken und Fragen stellen.
Beide Aspekte sind auch wichtig, wenn es um die Gestaltung von Raumentwicklung geht: die Anerkennung der Komplexität heutiger Raumentwicklung und damit verbunden die Notwendigkeit, Perspektiven auf und Zugänge zu entwickeln, die dieser Komplexität gerecht werden.
Dabei hilft der Begriff der Transdisziplinarität: Bei aller Uneindeutigkeit und Missverständlichkeit, die ihm innewohnt, zeigt er uns doch, dass für eine zukunftsorientierte Raumentwicklung das Wissen unterschiedlicher Disziplinen, aber auch unterschiedlicher "praktischer" Handlungsfelder bzw. alltäglicher Lebenswelten zu verbinden sind. Wesentlich dabei ist – so betont auch Peter Weichhart –, den Begriff sorgfältig, kritisch und reflektiert zu bestimmen und einzusetzen.
Gelingt dies, so können mit einer "transdisziplinären Brille" – im besten Sinne der Vorsilbe "trans" – Horizonte erweitert und Grenzen produktiv überschritten werden, etwa zwischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern unterschiedlicher Disziplinen, Expertinnen und Experten verschiedener Praxisfelder, institutionellen Akteurinnen und Akteuren, zivilgesellschaftlichen Gruppen, Raumnutzerinnen und -nutzern und anderen mehr, sodass letztlich (sozial-)räumliche Problemlagen umfassend analysiert und angemessene Lösungswege erarbeitet werden können.